11 lassen keine hängen

Cover des Buches 11 lassen keine hängen
Cover des Buches 11 lassen keine hängen
Dezember 2018
68
978-3748102625

 

Die Ballfreunde-Mädchen können es nicht fassen: Rot für Kitty? Keine von ihnen hat je eine schlechtere Schwalbe gesehen als die von Kittys Gegenspielerin. Aber die Schiedsrichterin beharrt darauf, dass Kitty mit dem Ellbogen zugeschlagen hat, und schreibt sogar einen Sonderbericht. Kitty muss sich vor der Spruchkammer verantworten, und die scheint alles andere als unvoreingenommen zu sein...

 

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Das Buch gehört zur Serie Die Ballfreunde-Mädchen

Autorenplauderei:

Original ohne Happy End

 

Die Geschichte klingt zu fantastisch, um wahr zu sein? Schön wär's! Ich wurde vor Jahren selbst Zeuge, wie ein Spieler für ein Vergehen, das er nicht begangen hatte, noch deutlich länger gesperrt wurde als Kitty in der Geschichte, obwohl es neben mehreren entlastenden Zeugenaussagen reichlich nachprüfbare Fakten gab, die die einzige belastende Aussage, auf die sich schließlich das Urteil stützte, als Lüge entlarvten. Im Vergleich zum damaligen echten Geschehen habe ich das in der Geschichte sogar entschärfen müssen, denn sonst wäre ein glückliches Ende nicht möglich gewesen.

Unser Meisterschaftsspiel bei der SG Vorwärts ist gerade drei Minuten alt, als es schon den ersten Aufreger erlebt. Eingeleitet wird die Situation von Anna, die auf ihrer linken Abwehrseite den Ball erobert und steil die Linie lang spielt für Kitty. Die Rechtsaußen der SG, die vorher an Anna hängen geblieben ist, hat keine Chance, rechtzeitig hinterherzukommen.

Trotzdem ist es nicht nur unnötig, dass die Spielerin aus der defensiven Zentrale der Mittelfeldraute rausrückt. Die Rechtsverteidigerin geht Kitty bereits entgegen, um sie zu stellen, und sie hat dafür eindeutig die bessere Ausgangslage. Es ist sogar ziemlich unklug, was die Sechserin da macht, denn hinter sich hinterlässt sie viel zu viel freien Raum. Wenn Kitty das sieht und im richtigen Moment in die Mitte spielt, dann kann Siobhán den Ball im vollen Lauf mitnehmen und schießen, ehe die Innenverteidigerinnen eingreifen können.

Kitty sieht es, aber sie kommt nicht mehr dazu, unsere irisch-österreichische Spielmacherin in Szene zu setzen. Die Vorwärts-Sechserin rammt sie einfach um, sie läuft ungebremst von der Seite in Kitty rein. Ihr hochgerissener Fuß schrammt über Kittys Knie und reißt ihr mit den Stollen die Pelle ab, und Kitty fliegt meterweit über die Seitenlinie. Die Landung ist brutal, und dabei hat sie noch Glück, dass sie nur auf die flachen, abgerundeten Kantensteine am Rand des Kunstrasens knallt; viel hätte nicht gefehlt, dass sie einen Pfosten der Bande mitnimmt.

Das war mindestens mal grob übermotiviert, da so reinzugehen, aber ich sehe keine Spur von Bedauern bei der Vorwärts-Spielerin. Im Gegenteil, sie wirft Kitty nur einen verächtlichen Blick zu, ehe sie sich den Ball schnappt, der von der untersten Stufe der Stehtribüne zurückprallt.

Zu meiner Entgeisterung wird sie mit ihrem Einwurf nicht zurückgepfiffen. Die Schiedsrichterin lässt das tatsächlich laufen! Dabei war das ein klares und offensichtliches Foul, und ich finde, es gibt auch wenig Argumente, bei so einem Einsteigen die gelbe Karte noch mal stecken zu lassen. Und selbst wenn sie es durchgehen lässt, das Mindeste wäre, dass sie kurz unterbricht und nach Kitty schaut. Darum muss sich die Bank kümmern, wir auf dem Feld haben genug damit zu tun, uns schnell genug zu sammeln, um den unverschämten Konter abzuwehren.

Die Flanke können wir nicht verhindern, aber Martha ist da, bevor eine der Vorwärts-Stürmerinnen an den Ball kommen kann. Dass der Ball anschließend beim Abschlag so weit zur Seite geht, dass er glatt über den Zaun fliegt, ist Absicht. Die SG-Betreuer werden davon so überrascht, dass sekundenlang keiner dran denkt, sich um den Ersatzball zu kümmern.

Das gibt mir Gelegenheit, zur Schiedsrichterin zu laufen und mal vorsichtig nachzufragen, ob ich ihren Blindenhund streicheln darf. So drücke ich es natürlich nicht aus, es wäre dumm, wegen Schiedsrichterbeleidigung vom Platz zu fliegen. Aber als Spielführerin darf ich sie doch darauf hinweisen, dass sie die Meinung, der Angriff auf Kitty wäre regelkonform gewesen, ziemlich exklusiv für sich hat. Ändern wird es nichts mehr, denn sobald das Spiel fortgesetzt wurde, kann die Schiedsrichterin ihre Entscheidung gar nicht mehr zurücknehmen, selbst wenn sie wollte. Mir geht’s darum, dass sie sich das fürs nächste Mal merkt und dann nicht wieder so großzügig laufen lässt. Sie dürfte nicht viel älter sein als ich, 16 oder 17, vielleicht orientiert sie sich an der Bundeliga, weil sie selbst noch keine Erfahrung hat. Allerdings wäre so ein Rammstoß selbst in der englischen Premier League abgepfiffen worden, und die gilt nun wirklich nicht als Terrain für Warmduscher.

 

***

 

Wir müssen ein paar Minuten in Unterzahl spielen, denn Elena will Kitty nicht zurück aufs Feld lassen, ohne sich zu vergewissern, dass sie wirklich wieder o. k. ist. Sie wickelt einen Verband um das aufgeschrammte Knie, tastet die Schulter ab, mit der Kitty hauptsächlich aufgekommen ist, und lässt Kitty mit ein paar Turnübungen die Beweglichkeit der Schulter testen. Kitty hat noch Schmerzen, aber sie kann weiterspielen.

„Alles o. k.?“, frage ich sie bei nächster Gelegenheit. Sie nickt. „Aber das hat die dumme Nuss mit Absicht gemacht!“ Eine Feststellung, so, wie sie das sagt, keine Vermutung, aber aus der Luft gegriffen ist der Verdacht bestimmt nicht. Wie die Vorwärts-Sechserin in sie reingerannt ist, ungebremst und ohne Rücksicht auf Verluste, das sah echt nicht wie ein Versehen aus. Eigentlich hätte sie sehen müssen, dass sie so kaum den Ball erwischen kann, und dass Kitty sich bei der Aktion mit etwas Pech übel verletzt, hat sie billigend in Kauf genommen.

Es gibt ja Spieler, die so was mit Absicht machen, um „ein Zeichen zu setzen“. Wenn das der Plan hinter der Attacke war, dann hat die Sechserin sich allerdings verrechnet, denn Kitty steckt kein Stück zurück. Sie macht weiter Druck nach vorne, geht ins Eins-gegen-eins, wenn das die beste Option ist, und nimmt die Zweikämpfe an, wenn sie nach hinten arbeiten muss.

Vielleicht fordert sie damit das Schicksal heraus, zumindest aber die Sechserin der SG Vorwärts. Das erste Foul liegt erst ein paar Minuten zurück, als sie Kitty diesmal in die Hacken steigt. Kitty zieht mit dem Ball am Fuß in die Mitte und wird kurz vor dem Strafraum gefällt.

Sie macht einen Bauchfletscher, und diesmal ist das Foul so offensichtlich, dass die Schiedsrichterin den Freistoß geben muss. Sie steht direkt daneben, mit freier Sicht aufs Geschehen, und es kann keinen Zweifel geben, dass die Sechserin der SG Kitty voll und den Ball überhaupt nicht trifft. Die Karte bleibt allerdings wieder aus, obwohl sowohl das rücksichtslose Einsteigen von hinten als auch die Spielsituation, die das Foul unterbindet, jeweils Grund genug für eine Verwarnung ist. Allmählich müsste da wirklich mal was passieren, schon zu Kittys Schutz.