11 laufen trotzdem auf

Cover des Buches 11 laufen trotzdem auf

11 laufen trotzdem auf ist der erste Band der Buchreihe um Sophie und ihre Freundinnen von der Ballfreunde-Mädchenmannschaft. Zur Serienseite mit einer Übersicht über alle Bände und der Mannschaftsaufstellung kommst Du hier. Zu diesem ersten Band gibt es als Bonusmaterial einen fiktiven Zeitungsartikel und ein kleines Quiz.

 

Cover des Buches 11 laufen trotzdem auf
April 2015
40
978-3734780134

Absagen!? Klar, Trainerin krank, halbe Stammelf krank, das wird nicht leicht, aber absagen? Das Finale der Stadtmeisterschaft!? Damit kann und will sich Sophie, Kapitänin der Ballfreunde-Mädchenmannschaft, nicht abfinden, und so schlüpft sie kurzerhand selbst in die Rolle der Trainerin, trommelt die verbliebenen Mannschaftskameradinnen zusammen und bietet ihre ganze Schauspielkunst und ihren gesamten Einfallsreichtum auf, damit ihre Mannschaft trotz allem zu diesem Spiel antreten kann. Aber haben sie überhaupt eine Chance gegen die Mädchen vom FC, gegen die sie in der Liga schon zweimal verloren haben?

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Das Buch gehört zur Serie Die Ballfreunde-Mädchen

Wenn am Samstagmorgen um halb zehn mein Handy klingelt, dann kann das eigentlich nichts Gutes bedeuten. Fast hätte ich es überhört, nicht weil ich noch geschlafen hätte, sondern weil ich gerade in der Küche war. Ich renne zurück in mein Zimmer und greife nach dem Handy, das zum Aufladen an die Steckdose gestöpselt auf dem Schreibtisch liegt. Für einen Blick aufs Display ist keine Zeit, sonst wird der Anruf zur Mailbox umgeleitet, ehe ich drangehen kann. Etwas außer Atem melde ich mich mit einem schlichten „Ja?“


Es ist Elena, meine Fußballtrainerin, das erkenne ich schon an der Stimme, ehe sie ihren Namen nennt. Aber wie hört sie sich an! Total schlapp, das ist nicht die fitte und meistens gut gelaunte Elena, die ich kenne. „Tut mir leid, Sophie“, sagt sie, „wir müssen das Spiel absagen.“

 

Bitte was? Das kann sie nicht ernst meinen, oder? Das Spiel heute ist nicht irgendein Spiel, es ist das Finale der diesjährigen Stadtmeisterschaft! „Ich weiß, wie wichtig euch das Spiel ist.“ redet Elena nach ein paar Sekunden weiter, weil ich vor Schreck kein Wort herausbringe. „Aber wir kriegen keine Mannschaft zusammen. Alle, die in Alinas Klasse sind“ – Alina ist ihre jüngere Schwester und spielt bei uns rechts in der Viererkette – „sind krank zurückgekommen, Magen-Darm, und ich lieg auch flach, weil Alina natürlich nichts Eiligeres zu tun hatte, als mich anzustecken.“

 

Alina und vier andere aus der Mannschaft, alle sechzehn und Stammspielerinnen, waren bis gestern auf Klassenfahrt in Holland, aber was zum Teufel ist da passiert, dass die alle krank zurückgekommen sind? „Und die können wirklich nicht spielen?“ frage ich vorsichtig nach. „Schaffen sie nicht wenigstens eine Halbzeit, oder so?“ „Machst du Witze?“ meint Elena matt. „Die sind zu schlapp, um sich eine Halbzeit im Fernsehen anzugucken, und willst du Eimer an der Seitenlinie aufstellen? Die dürfen sich keine fünf Meter vom Lokus wegbewegen im Moment. Vergiss es!“

 

Ok, Botschaft angekommen, Alina, Sarah, Enya, Miliana und Hatice werden heute kein Finale bestreiten. Aber deshalb einfach aufgeben und dem FC freiwillig den Titel überlassen? Klar, ohne fünf Stammspielerinnen, das ist hartes Brot, zumal wir in der Liga beide Spiele gegen den FC trotz Bestbesetzung knapp verloren haben, aber es deswegen gar nicht erst versuchen? Undenkbar!

 

„Dann müssen wir eben in Unterzahl antreten!“ sage ich entschlossen. „Hast du schon angerufen und abgesagt?“ Nein, hat sie zum Glück nicht, sie wollte zuerst die Telefonkette in Gang setzen, ich bin – außer Alina natürlich – die erste, die erfährt, dass das Spiel für uns flach fällt. Das hat weniger damit zu tun, dass ich zu Beginn der Saison Emma, die siebzehn geworden ist und jetzt bei den Damen spielt, als Spielführerin beerbt habe, sondern damit, dass ich mit Nachnamen Abel heiße und deshalb auf der alphabetisch nach Familiennamen geordneten Telefonliste ganz oben stehe.

 

Ich weiß noch nicht genau, wie ich es drehen soll, aber ich will dieses Finale spielen. „Vielleicht kann mein Vater mitfahren.“ behaupte ich, um Zeit zu gewinnen. „Kannst du noch zehn Minuten warten, ehe du anrufst?“

 

Elena verspricht mir, meinen Rückruf abzuwarten, ehe sie den Ausrichter, in diesem Jahr die SpVg Eintracht, anruft, um Bescheid zu sagen, dass wir nicht antreten können. Wahrscheinlich ist sie auch einfach zu platt, um sich auf lange Diskussionen einzulassen, und ich verabschiede mich „Bis gleich!“

 

Mit dem Handy noch in der Hand sinke ich aufs Bett. Das ging jetzt alles viel zu schnell, und ich brauche erst mal ein paar Sekunden, um meine Gedanken zu sortieren. Wie packe ich das Ganze am besten an? Dass mein Vater vielleicht als Mannschaftsbetreuer mitkommen könnte, war auf jeden Fall glatt gelogen, denn der hat – abgesehen von seinem schlicht nicht vorhandenen Interesse an Fußball – Mittagsschicht und muss pünktlich um zwei, wenn wir Anstoß haben, in der Firma auf der Matte stehen. Auch sonst fällt mir niemand ein, den ich fragen könnte, keiner von den anderen Jugend­trainern im Verein, niemand aus dem Anhang von irgendjemandem aus der Mannschaft. Enyas Freund hätte es vielleicht gemacht, der ist schon achtzehn, aber warum sollte der mit zu unserem Spiel fahren und den Coach machen, wenn Enya krank zwischen Bett und Pott pendelt?

 

Trotzdem behaupte ich, dass alles geklärt ist, als ich Elena nach ein paar Minuten zurückrufe. Erst mal nur verhindern, dass sie tatsächlich unsere Absage offiziell macht! Alles andere wird sich finden, auch ohne meinen Vater.

 

Nachdem das geklärt ist, setze ich mich hin und mache eine Liste, was ich tatsächlich alles klären muss. Da hab ich mir ganz schön was ans Bein gebunden! Ich traue mir schon zu, eine Mannschaftsaufstellung zu basteln, ich bin schließlich im Fußballverein, seit ich drei bin, aber dieses ganze Drumherum, da hatte ich bis jetzt gar nichts mit zu tun, das haben immer die Trainer organisiert. Meine ToDo-Liste wird ganz schön lang: Spieler­pässe und Trikots aus dem Vereinsheim holen, abklären, wer überhaupt spielen kann, einen Treffpunkt festlegen und die anderen informieren, überlegen, wie wir zum Platz der Eintracht kommen... Puh, Probleme über Probleme, und für die wenigsten weiß ich auf Anhieb eine Lösung.

 

Elena hatte den Treffpunkt so angesetzt, dass wir eine Stunde vor dem Anpfiff vor Ort gewesen wären, aber eine Trainernovizin von gerade mal vierzehn Jahren sollte für ihren ersten Auftritt vielleicht etwas mehr Zeit einplanen. Für Elena sind das eingespielte Abläufe, ich muss mich da erst durchfuchsen, ohne mir anmerken zu lassen, wie wenig Ahnung ich von der Materie habe. Also lege ich halb eins am Eintracht-Platz als Treffpunkt fest und beschließe, dass meine Mannschaftskameradinnen sich selbst um die Anreise kümmern müssen. Das ist jetzt nicht so jwd, dass man da nicht mit dem Bus hinkommen könnte, und ich weiß beim besten Willen nicht, wo ich jetzt auf die Schnelle auch noch eine Mitfahrgelegenheit hernehmen sollte. Normalerweise fährt Elena bei Auswärtsspielen den Mannschaftsbus, einen schon etwas betagten, aber zuverlässigen Bulli, damit sind schon mal acht Spielerinnen versorgt, und ihre Mutter kommt mit dem familieneigenen Siebensitzer mit, da brauchen wir, wenn die Mannschaft komplett ist, nur noch einen, der zusätzlich fährt, aber das fällt jetzt alles flach. Meine Mutter fragen? No way, die würde als erstes wissen wollen, was mit Elena ist, und dann käme raus, dass ich gerade hinter dem Rücken meiner Trainerin einen Alleingang der Mannschaft hinzukriegen versuche. Also Treffpunkt bei der Eintracht, geht nicht anders, und Busfahren haben die Mädels auf dem Schulweg lange genug geübt.

 

Nachdem ich das für mich geklärt habe, bekommt mein Handy zu tun. Ich muss ja allen Bescheid sagen, und weil ich bei der Gelegenheit auch in Erfahrung bringen will, auf wen ich überhaupt zählen kann, rufe ich, statt nur die Telefonkette in Gang zu setzen, jede persönlich an. Ich hoffe, Alina, die ja zu Hause mitgekriegt haben muss, dass Elena das Finale absagen wollte, hat nicht mit einer von den Gesunden telefoniert und dafür gesorgt, dass die sich dann auch schon was anderes vorgenommen hat, aber wenn Alina im gleichen Zustand ist wie Elena, dann dürfte sie wenig Lust zu irgendwas haben, schon gar nicht dazu, am Handy zu hängen.

 

Normalerweise sind wir sechzehn Spielerinnen, wenn alle da sind, aber nach Abzug aller Ausfälle komme ich gerade noch auf neun. Svea ist jedes zweite Wochenende bei ihrem Papa in Hamburg, seit ihre Eltern sich getrennt haben, da brauche ich gar nicht erst anzurufen, und Milena bekrabbelt sich gerade erst wieder von einer Zerrung, die sie sich beim Sport in der Schule zugezogen hat, Einsatz ebenfalls ausgeschlossen. Immerhin kann ich Martha, unsere Torfrau, die sich beim Training die Finger an einem Abpraller von der Unterlatte verstaucht hat und eigentlich von Sarah vertreten werden sollte, davon überzeugen, wenigstens als Feldspielerin mitzukommen, sonst wären wir sogar nur zu acht.

 

Nach dem letzten Telefonat überkommen mich für einen Moment Zweifel. Hat es unter diesen Umständen Sinn, dass wir überhaupt antreten? Neun gegen elf, ohne etliche Stammspielerinnen und mit einer Feldspielerin im Tor, weil die Stammtorhüterin nur im Feld spielen kann und die etatmäßige Vertretung nicht vom Klo runterkommt? Da ist die Klatsche doch vorprogrammiert, oder?

Aber ich will nicht aufstecken, und nein, die Blamage, jetzt, nachdem ich alle zum Platz beordert habe, noch einen Rückzieher zu machen, will ich mir erst recht nicht geben. Trotzdem wäre es natürlich gut, wenn wir wenigstens zu elft wären, aber den Versuch, noch ein oder zwei der Maladen zu überreden, es zu probieren, kann ich mir sparen. Wenn die alle so platt sind, wie Elena sich angehört hat, dann fallen die vom Windzug um, wenn der Ball an ihnen vorbeifliegt, und soll ich beim Umziehen gleich Windeln mit verteilen?